Aktien, das ist bekannt, sind renditeträchtig. Dafür aber auch schwankungsreich. Im August 2019 zum Beispiel lagen die durchschnittlichen Kursschwankungen beim deutschen Aktienindex Dax bezogen auf die vergangenen zwölf Monate bei fast 15 Prozent.
Anders dagegen Bundesanleihen. Der Rentenindex REX weist für den gleichen Zeitraum nur eine Volatilität von weniger als zwei Prozent auf. Da ältere Menschen in aller Regel nicht mehr so viel Zeit haben, um größere Verluste, die aus sich aus starken Kursschwankungen ergeben können, aufzuholen, schrecken sie häufig vor der Aktienanlage zurück. Zu Recht?
Zunächst einmal sind Aktien auf Grund der aktuellen Niedrigzinsphase für jeden Anleger unerlässlich. Denn tatsächlich liegt die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen aktuell im negativen Bereich. Dagegen bieten zum Beispiel Dividendenaktien aus dem deutschen Aktienindex DAX oder dem europäischen EURO STOXX 50 Dividendenrenditen von deutlich über drei Prozent. Doch vor allem gibt es langfristig keine ertragreichere Anlage als Aktien. Nach Inflation bieten sie im Schnitt eine Rendite von rund sieben Prozent. Mit globalen Staatsanleihen, Gold oder Immobilien waren es langfristig betrachtet aber durchschnittlich nur rund ein bis zwei Prozent pro Jahr.
Langfristige Aktienrendite kaum zu schlagen
Die Frage ist nun aber, wie groß das Risiko der höheren Volatilität bei Aktien tatsächlich ist. Laut einer Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem Aktieninvestment auf Sicht von zwölf Monaten zu einem Verlust kommt, bei 28 Prozent. Allerdings nimmt diese Verlustwahrscheinlichkeit mit zunehmender Haltedauer immer weiter ab, während die Wahrscheinlichkeit, Gewinne zu erzielen, entsprechend zunimmt. Nach zehn Jahren zum Beispiel liegt sie Verlustwahrscheinlichkeit nur noch bei fünf Prozent, nach 15 Jahren bei null Prozent.
Das heißt, je länger der Anlagehorizont eines Anlegers, desto eher eignen sich Aktien als renditestarke Kapitalanlage. Aus diesem Grund sind Aktien für junge Anleger, die einen Anlagehorizont von 30 oder 40 Jahren haben, für die Altersvorsorge besonders gut geeignet.
Wie aber sieht es bei älteren Menschen aus?
Hier spielt die durchschnittliche Lebenserwartung eine sehr wichtige Rolle. Frauen, die heute 60 Jahre alt sind, haben im Durchschnitt noch eine Lebenszeit über 25 Jahre vor sich, bei Männern sind es etwas mehr als 21 Jahre, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung feststellt. Im Alter von 65 Jahren sind es durchschnittlich noch rund 21 Jahre bei Frauen und fast 18 Jahre bei Männern. Mit anderen Worten: Menschen dieses Alters haben eine so hohe durchschnittliche Lebenserwartung, dass sie selbst zwischenzeitlich starke Verluste bei Aktien noch aussitzen können.
DAX: Verluste schnell wieder aufgeholt
Das bestätigt auch ein Blick auf das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts. Demnach dauerte es bei einer Einmalanlage, unabhängig vom Einstiegszeitpunkt, nie länger als etwa zwölf Jahre, bis die Verluste wieder aufgeholt waren. Selbst wer zum Hochpunkt im Jahr 2007 in den DAX eingestiegen war, der lag schon 2013 wieder im Plus.
Eine Einschränkung gibt es allerdings: Wer auf laufende Entnahmen aus dem zurückgelegten Geld angewiesen ist, sollte keine zu großen Risiken eingehen und alles in Aktien investieren. Wie hoch der Aktienanteil sein soll, dafür gibt es eine Faustformel: 100 abzüglich Lebensalter. Damit könnte ein 60jähriger also noch 40 Prozent Aktien in seinem Portfolio haben, ein 80jähriger zumindest noch 20 Prozent. Doch kann es sehr wohl Sinn machen, von dieser Regel abzuweichen.
Zum Beispiel wenn ein Anleger risikofreudig ist und ihm Kursverluste keine schlaflosen Nächte bereiten. Oder wenn jemand weiß, dass er während seines Alters nicht auf das komplette angesparte Vermögen angewiesen ist. Er kann auch an die nächste oder auch übernächste Generation denken. Denn gerade hier spielt die Langfristigkeit wieder die entscheidende Rolle. Dann kann es sich, abweichend von der Faustformel, lohnen, auch mehr in Aktien zu investieren.
Denn die nächste Generation wird vielleicht erst in 20 oder 30 Jahren darauf zugreifen – und dann ist, wie oben dargelegt, die Wahrscheinlichkeit, dass das Aktiendepot insgesamt ein Minus aufweist, gleich Null. Allerdings gibt es bei der Umsetzung eines Aktieninvestments durchaus ein paar Regeln zu beachten. Dazu gehört beispielsweise eine breite regionale und sektorale Streuung. Auch gilt es eine Strategie festzulegen, die beispielsweise Investments in nachhaltig dividendenstarke Werte umfasst. So können Anleger auch im hohen Alter aus den laufenden Einnahmen leben – die es ja am Zinsmarkt derzeit nicht gibt. Und schließlich braucht es Disziplin, um nicht bei kleinen Marktschwankungen sofort auszusteigen. Wer das alles beherzigt, muss auch im Alter nicht auf Aktien verzichten.