Immer mehr Menschen hierzulande sind von Altersarmut bedroht. Das Risiko, im Alter nicht genügend Geld zum Leben zu haben, stieg laut dem Statistischen Bundesamt zwischen 2005 und 2019 um 4,7 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent. Und künftig, so Untersuchungen, ist jeder Fünfte hierzulande davon bedroht. Das heißt, bei immer mehr Bundesbürgern reichen die laufenden Rentenbezüge nicht, um ihren gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten oder zumindest nicht, um sich über die Grundbedürfnisse hinaus etwas zu leisten. Viele sind durch das Eigentum an den „eigenen 4 Wänden“ durchaus vermögend, jedoch nicht liquide. Die eigene Immobilie zu verkaufen, ist für viele Senioren aber auch keine Option. Interessant ist allerdings, dass jüngst die Wirtschaftsforscher des ZEW in einer Studie zu der Feststellung kamen, dass auch rund 420.000 Haushalte hierzulande sich um ihre Altersvorsorge sorgen, obwohl sie eine schuldenfreie Immobilie besitzen.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil offenbar kaum bekannt ist, dass es mit einer Immobilie verschiedene Wege gibt, die eigenen Altersbezüge aufzubessern – ohne dabei das Haus oder die Wohnung komplett zu verkaufen. Denn schließlich dürfte kaum jemand im Alter sein gewachsenes soziales Umfeld, das oft stark mit dem Wohnort verknüpft ist, aufgeben wollen. Allerdings müssen Verkäufer genau hinsehen. Es stehen grundsätzlich mehrere Möglichkeiten im Raum, die Immobilie zu verrenten. Das geht entweder mit ein Nießbrauchrecht oder einer Leibrente, bei der die Immobilie zwar den Eigentümer wechselt, aber weiter uneingeschränkt genutzt werden kann, oder mit einer Umkehrhypothek, bei der der Rentner Schulden macht, die er zu Lebzeiten nicht zurückzahlen muss.
Leibrente: Nachteile für den Verkäufer
Was passiert bei der Leibrente? Dabei kauft ein gewerblicher Anbieter dem Eigentümer die Immobilie ab. Dieser erhält im Gegenzug ein lebenslanges im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht, eine lebenslange Rente und, wenn vereinbart, einen Teilbetrag des Verkaufswertes direkt ausbezahlt. Zudem ist der neue Eigentümer für die Instandhaltung verantwortlich.
Klingt zunächst einmal gut. Dennoch gibt es ein paar Haken. Denn zum einen spekuliert der Käufer dabei auf ein frühes Ableben des Verkäufers, da er dann die Immobilie unter Umständen zu einem sehr günstigen Preis bekommt. Schließlich schmälern das lebenslange Wohnrecht, dessen Berechnung gesetzlich geregelt ist, sowie die laufenden Rentenzahlungen den Kaufpreis. Baut der Aufkäufer noch einen Puffer ein, dann muss der Verkäufer mit einem deutlichen Abschlag auf den Verkehrswert seiner Immobilie rechnen. Und da der Verkäufer zudem auch nicht das Recht an den Erträgen aus dem Objekt bekommt, kann er diese in der Regel auch nicht anderweitig vermieten, wenn er doch woanders hinziehen möchte.
Das heißt, dieser Weg ist nicht unbedingt von Vorteil für den Verkäufer. Das gilt umso mehr, da dieser auch auf die Bonität des Anbieters einer Leibrente achten sollte. Denn geht der Anbieter während der Laufzeit Konkurs, dann können sowohl die wiederkehrenden Rentenzahlungen wie auch die Immobilie weg sein. Entscheidend sind die individuellen Lebensumstände.
Eine andere Alternative mag deshalb die so genannte Umkehrhypothek sein. Hier kann der bisherige Eigentümer auch in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben und bekommt, je nach Ausgestaltung, eine Einmalzahlung, eine zeitlich befristete oder eine lebenslange Rente. Dabei dient die Immobilie quasi als Sicherheit für den Darlehensgeber. Das heißt, diese geht am Ende in dessen Eigentum über und er kann sie verkaufen, um das Darlehen zu tilgen.
Sowohl Umkehrhypothek als auch Leibrente haben den gemeinsamen Kern, dass der bisherige Eigentümer bis an das Lebensende in seiner Immobilie wohnen bleibt, ohne Miete zahlen zu müssen und schon zu Lebzeiten Geld für das Objekt erhält. Entscheidender Unterschied zwischen Umkehrhypothek und Immobilienleibrente ist, dass es sich bei der Umkehrhypothek um einen Kreditvertrag handelt. Bei der Leibrente kommt es bei der Unterzeichnung bereits zu einem Verkauf und damit zu einem Eigentümerwechsel.
Nießbrauch: Recht an den Erträgen
Ähnlich wie bei der Leibrente wird der Darlehensgeber aber auch hier einen Abschlag für das Nießbrauchrecht (Nutzungsrecht bis zum Lebensende) vornehmen, weshalb auch dieser Weg unter dem Strich für den Verkäufer nicht ganz billig werden dürfte. Die vielleicht interessanteste Möglichkeit dürfte deshalb für die meisten Immobilieneigentümer dennoch der Nießbrauch sein. Dabei verkauft der Besitzer sein Haus oder seine Wohnung und bekommt den vereinbarten Kaufpreis sofort ausgezahlt, ein Bonitätsrisiko beim Erwerber besteht daher für die Laufzeit des Nießbrauches nicht. Der Verkäufer erhält gleichzeitig ein lebenslanges, im Grundbuch eingetragenes Wohnrechts, Nießbrauch genannt. Dieses ist zudem insolvenzfest, das bedeutet, für den Fall eines Konkurses des Erwerbers und einer Versteigerung der Immobilie bleibt das Nießbrauchrecht weiterhin im ersten Rang des Grundbuches bestehen, ein etwaiger neuer Eigentümer ändert somit nichts an der Nutzungssituation. Und noch ein weiterer großer Pluspunkt spricht für die Nießbrauchvariante: der Verkäufer behält das Recht an den wirtschaftlichen Erträgen.
Sollte sich dieser also nach einigen Jahren entschließen, in den sonnigen Süden zu ziehen oder in ein Pflegeheim zu gehen, dann kann er die Immobilie vermieten und erhält die Mieteinnahmen daraus. Auch eine Ablösung des Nießbrauchrechtes (Einigung auf eine weitere Einmalzahlung des Erwerbers für die Löschung des Nießbrauchrechtes) kann eine sinnvolle Variante sein. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch ein Blick auf mögliche Steuerbelastungen. In den meisten Fällen ist nach aktueller Rechtslage die Ablöse des Nießbrauchrechtes durch eine Einmalzahlung steuerfrei, die Vermietung der Immobilie generiert hingegen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die zu versteuern sind.
Teilverkauf
Aktuell bieten einige Marktteilnehmer auch verstärkt den sogenannten „Teilverkauf“ an. Man verkauft hierbei einen Anteil am Eigentum gegen eine Einmalzahlung. Im Grundbuch wird dieser zusätzliche Eigentümer eingetragen, zudem erhält dieser in der Regel ein Vorkaufsrecht für den restlichen Teil des Eigentums. Ähnlich wie beim Nießbrauchrecht behält der Verkäufer das Wohnrecht und das Recht an den wirtschaftlichen Erträgen. Häufig strebt der neue Miteigentümer auch eine Finanzierung des Kaufpreisteiles an und verwendet hierfür die Immobilie als Sicherheit, hier sollte besondere Vorsicht geboten sein und keine Mithaft übernommen werden. Insbesondere beim Teilkauf kann es später zu Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Teilkäufer der Immobilie kommen. Eine klare Regelung sollte daher im Vorfeld getroffen werden.
Jedes Angebot sehr genau prüfen
Die aktuell angebotenen Verrentungsformen bergen unterschiedliche Risiken, Eigentümer sind gut beraten, Vergleiche anzustellen und sich professionell (zum Beispiel durch Notare) beraten zu lassen.
Gerade aber wenn Erben da sind, sollte vor solchen Überlegungen stets das Gespräch mit der Familie gesucht werden. So lässt sich beispielsweise auch innerhalb des Verwandten- oder Freundeskreises eine Vereinbarung mit Nießbrauch treffen. Nur wenn sich dort keine Lösung findet und es keine Erben gibt, dann kann einer der oben beschriebenen Wege sinnvoll sein. Ein wichtiger Faktor, den es zu bedenken gilt, ist die Feststellung des Verkehrswertes einer Immobilie durch einen seriösen und vertrauenswürdigen Anbieter, im besten Fall durch die Unterlegung eines unabhängigen zertifizierten Gutachtens. Denn einen fairen Wert für die eigene Immobilie zu ermitteln, ist schließlich bei jeder der Vorgehensweisen essenziell. Klar ist aber: Egal für welchen Weg man sich entscheidet, um seine Rente aufzubessern, man muss nur sehr genau hinsehen, wo die Vor- und Nachteile liegen. Und es gilt jedes Angebot sehr genau zu prüfen, entscheidend sind immer die individuellen Lebensumstände.