Patchwork-Familien sind in unserer Gesellschaft längst nichts Ungewöhnliches mehr. Aber diese Familien stehen nicht nur in der Organisation des Alltags vor besonderen Herausforderungen, sondern auch bei Finanzfragen.
Die Varianten sind vielfältig: Entweder bringt der Vater seine Kinder mit in die neue Beziehung. Oder die Mutter. Oder der Nachwuchs von beiden Elternteilen lebt in der Familie. Und manchmal kommen auch noch gemeinsame Kinder aus der neuen Beziehung dazu. Die Rede ist von Patchwork-Familien. Damit sind Familien gemeint, die in der Regel aus einer vorangegangenen Trennung und Scheidung hervorgegangen sind. Diese Form des Zusammenlebens kennt wahrscheinlich jeder aus seinem Bekanntenkreis.
Laut einer Untersuchung des Bundesfamilienministeriums lebt hierzulande etwa jede siebte Familie als Patchwork-Familie zusammen. Und jede Familie ist anders. Anders in der Zusammensetzung, anders in ihrer Entstehungsgeschichte und anders in ihrem Familienleben. Was für alle jedoch gleich gelten sollte, ist das Bewusstsein, sich und die Kinder frühzeitig abzusichern und für das Alter vorzusorgen.
Das ist aber längst nicht immer der Fall. Das mag daran liegen, dass eine Patchwork-Familie ein komplexes Konstrukt und in aller Regel auch mit besonderen emotionalen Herausforderungen verbunden ist. Altersvorsorge und Risikoabsicherung stehen deshalb nicht an erster Stelle. Wer aber eine Patchwork-Familie gründet, übernimmt oft zusätzliche Verantwortung. Wo früher ein Kind war, bringt der neue Partner vielleicht zwei weitere mit in die Beziehung. Diese neuen Lebensumstände werfen nicht selten die ganze Lebensplanung durcheinander. Das gilt gerade auch für die finanziellen Angelegenheiten.
Alles auf den Prüfstand
Ratsam ist es deshalb, im neuen Haushalt zunächst alle Versicherungen auf den Prüfstand zu stellen, egal um welchen Schutz es sich handelt. Es gilt schließlich, neben einer etwaig drohenden Unterabsicherung auch mögliche, unnötige Doppelabsicherungen zu vermeiden. Da die gesetzliche und betriebliche Absicherung üblicherweise unverändert weiterlaufen, sollte man sich daneben vor allem auf die private Altersvorsorge konzentrieren. Für eine Patchwork-Familie bedeutet das, dass auf jeden Fall beide Partner ausreichend vorsorgen müssen. Auch eine Berufsunfähigkeit sollte auf der Prioritätenliste der Partner ganz oben stehen. Wer seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, kann seine Familie nicht mehr versorgen.
Viele Patchwork-Familien verlassen sich außerdem darauf, dass im Todesfall die finanziell und vermögensmäßig sinnvollen und erhofften Regelungen greifen und folglich das gesetzliche Erbrecht den Nachlass zu ihrer Zufriedenheit regelt. Doch es gibt verschiedene Konstellationen, in denen das Gesetz keine oder nur unbefriedigende Lösungen vorsieht. Das Ehegüterrecht kommt nur bei verheirateten oder in eingetragener Partnerschaft lebenden Personen zur Anwendung.
Eigene Regelungen für Patchwork-Familien gibt es nicht. Die Regelungen des Gesetzes sind auf die klassische Familie, bei der die Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen, ausgerichtet und führen daher bei der Patchwork-Familie im Erbfall zu meist ungerechten und oft auch unerwünschten Folgen. In der Konsequenz werden oft die gewünschte finanzielle Absicherung, die Versorgung des Partners im Alter und der Vermögenserhalt nicht oder nur teilweise erreicht.
Wenn Stiefkinder beim Erbe leer ausgehen
Eine Planung für den Ernstfall ist daher unabdingbar. Mit Komplikationen für die Erben ist vor allem dann zu rechnen, wenn die Partner Kinder aus der aktuellen und zugleich einer früheren Ehe haben. Stiefkinder zählen rechtlich nicht zu den Erbberechtigten, selbst wenn das gesamte Vermögen ursprünglich von deren verstorbenem Elternteil stammt.
Ein weiteres Szenario: Sind Patchwork-Partner nicht verheiratet, stehen sie im Todesfall – ohne entsprechendes Testament – genau wie die Stiefkinder vor dem Nichts. Sie sind nicht erbberechtigt, selbst wenn sie mit dem Erblasser bereits 20 Jahre oder länger zusammengelebt haben. Wenn hingegen der leibliche Elternteil und dessen Partner verheiratet oder eingetragene Lebenspartner sind, gilt für Stiefkinder dieselbe Steuerklasse wie leibliche Kinder. Sie haben dann erst genauso Anspruch auf den Steuerfreibetrag i.H. von derzeit 400.000 EUR.
Bei manchen privaten Altersvorsorgeprodukten ist ein Hinterbliebenenschutz für Unverheiratete nicht möglich – oder mit erheblichen Nachteilen verbunden.
Bei den mitunter komplizierten Familienkonstellationen ist eine rechtzeitige Erbregelung per Testament oder Erbvertrag also unabdingbar. Der plötzliche Todesfall des Hauptverdieners kann eine ganze Familie in den finanziellen Ruin stürzen. Wird jedoch keine Regelung durch ein vernünftig gestaltetes Testament getroffen, überlässt man die Verteilung des eigenen Vermögens dem Zufall. Dies kann zu Streit und Unfrieden zwischen den (Stief-) Geschwistern und der Kinder mit dem überlebenden Partner führen.
Erbfolge jetzt regeln
Es gibt eine Menge von Möglichkeiten, wie eine solche Nachfolgeplanung gestaltet werden kann. Alterssicherung des länger lebenden Partners, Minimierung der Pflichtteilrisiken, Flexibilität im Falle von Veränderungen, Reduktion der Erbschaftssteuerbelastung. Wie auch immer die Konstellation der Patchwork-Familie aussieht: Der dringende Rat lautet: Machen Sie sich frühzeitig Gedanken über Ihre Erbfolge. Die Finanzplanung als ‚Lebensplanung‘ gibt die notwendige Orientierung in der Zusammenarbeit mit weiteren Experten wie Rechtsanwälten und Notaren. Das Zusammenspiel von professionellen Anlageberatern sowie den rechtlichen und steuerlichen Beratern schafft gerade für Patchwork-Familien den wesentlichen Mehrwert in der Nachfolgeplanung.