Mit dem Konzept des Nießbrauchs kann Vermögen bereits zu Lebzeiten an Kinder, Enkel oder Dritte übertragen werden – und dass, ohne die Kontrolle abzugeben. Die Schenkung mit Nießbrauch wird zum Beispiel gerne genutzt, um Immobilien frühzeitig und steuerbegünstigt an Nachkommen zu übertragen. Gerade bei größeren Vermögen macht ein solch frühzeitiger Transfer Sinn, weil die damit verbundenen Freibeträge in der Erbschaft und bei der Schenkung nach Ablauf der Frist von zehn Jahren erneut ausgeschöpft werden können. Allerdings sollte der Vermögensinhaber bei der Nachlassplanung nie aus rein steuerlichen Gesichtspunkten übereilte Entscheidungen treffen.
Was viele nicht wissen: Nießbrauch kann auch bei Wertpapieren eingesetzt werden. Die Übertragung von Wertpapieren gegen die Einräumung eines Nießbrauchs ist eine interessante Option für Anleger, die Vermögen an die nächste Generation übergeben möchten, ohne auf laufende Erträge zu verzichten.
Der häufig verwendete Begriff „Depotnießbrauch“ ist jedoch unpräzise. Denn der Nießbrauch ist nur an einzelnen Wertpapieren möglich, aber nicht pauschal am Depot. Der Abzug des Nießbrauchwertes bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer errechnet sich aus dem Jahreswert und einem Kapitalisierungsfaktor, §§ 14-16 BewG. Hier wird steuerlich ein möglichst hoher Jahreswert erstrebenswert sein, um möglichst viel Nießbrauchwert abziehen zu können. Gedeckelt ist dieser gem. § 16 BewG auf 1/18,6 des Kurswertes des Wertpapieres (somit auf eine Rendite von 5,376 Prozent).
Wertpapiere gut auswählen
Idealerweise sollten daher sorgfältig Papiere ausgewählt und in dem Depot zusammengestellt werden, die möglichst nah an diesen Wert heranreichen und langfristig im Depot verbleiben. Es bieten sich Anleihen mit hohem Kupon, Aktien mit hoher Dividendenrendite oder Fonds mit hohen Ausschüttungen an. Der Jahreswert ist bei schwankenden oder ungewissen Erträgen der Betrag, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Für die Steuerberechnung werden dabei meist die Jahreserträge der letzten drei Jahre akzeptiert.
Durch den Vorbehalt des Nießbrauchs sollen drei Ziele erreicht werden. Erstens sollen die laufenden Erträge in der Regel weiterhin zur Versorgung des Schenkers zur Verfügung stehen. Zweitens möchte der Schenker sich einen gewissen Einfluss auf die Vermögensanlage wahren. Der Beschenkte kann das Geld nicht einfach ausgeben, sondern wird sukzessive an die mit dem Kapital einhergehende Verantwortung herangeführt. Und drittens soll durch den Barwert des Nießbrauchs die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage gemindert werden.
Bekanntlich unterliegt die Realisierung von Kursgewinnen der Abgeltungsteuer, die derzeit 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag (und gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer) beträgt. Vor einer Übertragung der Wertpapiere kann sich somit bei Wertpapieren mit Gewinnen anbieten, diese zu verkaufen, um dadurch die Kapitalertragsteuer auszulösen und die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der (späteren) Schenkungsteuer zusätzlich zu reduzieren. Grund dafür ist, dass die Schenkungsteuer auf Grundlage des entsprechenden Wertes der Wertpapiere berechnet wird.
Schenkungsvertrag aufsetzen
Die Form der Nießbrauchbestellung gleicht der Form für die Übertragung des Wertpapiers, es bedarf daher (außer für GmbH-Anteile) keiner notariellen Form, vielmehr können die Übertragung und Nießbrauchbestellung bei Inhaberpapieren formfrei erfolgen. Es empfiehlt sich, hierfür einen Schenkungsvertrag aufzusetzen.
Die Wertpapiere müssen formal vom Eigentümer auf den neuen Inhaber durch die depotführende Bank übertragen werden, wobei der ursprüngliche Eigentümer ein Nießbrauchrecht behält. Dies erfordert eine Änderung im Depot, die von der Bank durchgeführt wird. Die Errichtung eines separaten Depots für den Beschenkten und insbesondere die Einrichtung von zwei separaten Verrechnungskonten ist empfehlenswert.
Tatsächlich können jedoch nicht alle Finanzdienstleister ein Wertpapiernießbrauch technisch anbieten und umsetzen. Falls eine Bank keine zwei Verrechnungskonten technisch einrichten kann (dass also die Erträge automatisch weiterhin dem Beschenkten zufließen), muss eine eindeutige und rechtlich bindende Nießbrauchvereinbarung existieren, die festlegt, dass der ursprüngliche Eigentümer weiterhin die Erträge aus den Wertpapieren bezieht. Diese Vereinbarung muss schriftlich fixiert und von allen Parteien unterschrieben werden.
Professionelle Unterstützung erforderlich
Und es gilt von Seiten des Schenkers aber auch der Bank weitere wichtige steuerrechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten zu beachten, deren Auflistung hier jedoch den Rahmen sprengen. Auch deshalb macht es Sinn, sich entsprechend steuerlichen Rat und fachliche Unterstützung zu holen.
Alternativ ist die Errichtung zum Beispiel einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die Einlage eines Wertpapierdepots und die Schenkung des Gesellschaftsanteils verbunden mit einer Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt vorstellbar. Sie stellt die Möglichkeit dar, trotz Übertragung auch in der Zukunft flexibel mit den vorhandenen Wertpapieren umzugehen.
Koordinatoren im Beratungsprozess
Klar ist: Es gibt keine Lösung von der Stange, die für alle gleichermaßen gilt. So individuell die genauen Ziele, die Lebensumstände und die Vermögenswerte des einzelnen sind, so unterschiedlich sind auch die dafür in Frage kommenden Lösungen. Professionelle Nachlassplaner wie die vom FPSB zertifizierten Estate Planner, die CFEP®-Professionals, sind dabei behilflich, den eigenen persönlichen Weg in der Vermögensnachfolgeplanung zu finden. Die Professionals verstehen sich als Koordinatoren des Beratungsprozesses, haben insbesondere alle finanziellen Aspekte im Blick und garantieren im Netzwerk mit anderen Fachberatern (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare) optimale und individuell zugeschnittene Lösungen. Anwaltliche wie steuerliche Beratung sollte in Verbindung mit der Nießbraucheinräumung und der Aufsetzung eines geeigneten Schenkungsvertrages eingeholt werden.




