Die Bundesbürger befassen sich nicht gerne mit dem Thema Tod – schon gar nicht mit ihrem eigenen. Ein Indiz dafür ist, wie wenige von ihnen ein Testament verfasst haben. Laut einer Studie der Deutschen Bank vom vergangenen Jahr sind es gerade einmal 35 Prozent der potenziellen Erblasser, bei den unter 50-Jährigen nur elf Prozent. Der Haken daran: Ein unerwartetes Ableben kann, wenn man keine Regelung bezüglich des Vermögensübergangs veranlasst hat, zu sehr unangenehmen Überraschungen für die Hinterbliebenen führen. Probleme tauchen vor allem dort auf, wo das vererbte Vermögen umfangreich und komplex ist.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass es zahlreiche Irrtümer bezüglich der Nachfolgeplanung gibt. Zum Beispiel glauben viele, dass mit der Erstellung eines Testaments alles geregelt sei. Tatsächlich verändern sich jedoch bei uns allen die Lebensumstände immer wieder. Deshalb muss auch ein einmal verfasstes Testament regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Und aus Erfahrung wissen wir, dass es selbst in der harmonischsten Familie, wenn es um das Erbe und um Geld geht, zu Streitigkeiten kommen kann. Die Weitergabe von Vermögen ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Aus diesem Grund arbeiten wir in der privaten Vermögensnachfolge mit einer theoretischen Simulationsmethode, die uns ablesen lässt, was mit dem Vermögen eines Kunden passiert, wenn er gestern unerwartet verstorben wäre. Wir nennen sie „Probesterben“.
Analyse der Ausgangssituation
Um das genau sagen zu können, müssen wir im ersten Schritt einer ganzheitlichen Nachfolgeberatung die Ausgangssituation analysieren. Einen wichtigen Orientierungspunkt bietet das „Magische Viereck“ der Nachfolge, welches die Bereiche Familie, Vermögen, Recht und Steuern sowie die Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen diesen vier Dimensionen umfasst. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, wie viele Generationen bei der Nachfolgeplanung berücksichtigt werden müssen. Oder darum, wie das Vermögen innerhalb der Familie verteilt ist, und ob zwischen den Ehepartnern eine Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung besteht. Und wie sieht eigentlich die Vermögensstruktur aus?
Daran anknüpfend folgt im zweiten Schritt die Erarbeitung der Wünsche und Ziele des potenziellen Erblassers. Hier geht es darum, welche Gedanken sich die Kundin oder der Kunde bereits über die eigene Vermögensnachfolge gemacht hat und was ihm oder ihr wichtig ist. Welche Absicherung soll für den überlebenden Partner und die Kinder nach dem Tod bestehen und welche Konflikte gilt es zu vermeiden? Und was darf auf keinen Fall passieren?
Das „Probesterben“
Im dritten Schritt geht es ans Eingemachte. Denn um konkrete Handlungsfelder zu identifizieren und mögliche Lösungswege aufzeigen zu können, kommt dann der – für die Betroffenen oft emotional unangenehme – Kniff des „Probesterbens“. Das heißt, das eigene Ableben wird simuliert. Auf dieser Basis kann dann genau analysiert werden, welche Auswirkungen der Tod auf das Vermögen des Erblassers und auf seine Erben hätte. Dieses Probesterben, so die Erfahrung, tut manchmal weh. Denn nicht selten zeigt sich, dass sich zwischen den Erwartungen und Zielen des Erblassers und der Realität eine erhebliche Kluft auftut.
Dass dem so ist, dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen: Oftmals wurden und werden Freibeträge nicht ausgenutzt, das Vermögen ist sehr ungleich verteilt, es fehlt an Liquidität oder die Vollmachten sind unzureichend, um nur einige Beispiele zu nennen. Vieles also, so die Erfahrung, wurde nur halbherzig oder gar nicht geregelt. Regelmäßig unterschätzt wird die Höhe der zu erwartenden Erbschaftsteuer. Das ist vor allem dann häufig der Fall, wenn das Vermögen überwiegend aus Sachwerten wie Immobilien oder einer Firma besteht. Hier stellt sich die Frage, ob der Erblasser nicht zu Lebzeiten Strategien entwickeln sollte, um mögliche Steuern zu reduzieren.
Mit Estate Planning zur individuell passenden Vorsorge
Auch wird das Thema der Reihenfolge der Erbgänge in der Regel vernachlässigt, was insbesondere bei einer unausgewogenen Verteilung des Vermögens zwischen Ehepartnern Auswirkungen hat. Besonders kompliziert kann eine Patchwork-Situation sein. Besonders hier sollte sich der Erblasser genau überlegen, wem er was in welcher Höhe zukommen lassen möchte und sich ggf. gezielt fachliche Hilfe zur entsprechenden Gestaltung suchen.
Erkenntnisse aus dem „Probesterben“ können dann genutzt werden, um die Nachfolgeplanung an die eigenen Wünsche anzupassen. Zum Beispiel kann sich eine Änderung des Güterstands und die Nutzung des steuerfreien Zugewinnausgleichs empfehlen. Oder lohnt sich der Verkauf von Immobilien innerhalb der Familie, um die Vermögensstruktur zu diversifizieren? Könnte ein Pflichtteilsverzicht helfen, das Erbe gerecht zu verteilen? Eignet sich die Gründung einer Familiengesellschaft? Sind alle Vollmachten vorhanden? Und wurden, wenn es um einen Unternehmer geht, alle notwendigen Vorkehrungen für die eigene Firma getroffen?
Solche und viele weitere Fragen können im Rahmen des Estate Planning, bei dem vor allem die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen des Vermögensübergangs seitens des Erblassers, seiner Erben und der nachfolgenden zweiten Generation geplant und transparent gemacht werden, geklärt werden. Denn eine generationenübergreifende Beratung ist der beste Weg, um für den schlimmsten Fall bestmöglich vorbereitet zu sein.