Nachrechnen lohnt sich – nicht jeder gut gemeinte Tipp zur Baufinanzierung ist am Ende wirklich besser
Die Zeitschrift „Finanztest“ hat jüngst einen interessanten Beitrag zum Thema Baufinanzierung veröffentlicht. Ein wichtiges Thema, schließlich stellen sich unzählige Menschen die Frage, wie sie eine Immobilie finanzieren können. Doch der Artikel geht leider am Ziel völlig vorbei.
Im konkreten Fall geht es um die Finanzierung mit und ohne KfW-Förderung. Dazu wurde folgendes Rechenbeispiel dargestellt:
Der Bau eines KfW-Effizienzhauses 55 beläuft sich auf 800.000 Euro. Davon werden 200.000 Euro an Eigenkapital eingebracht. 600.000 Euro müssen fremd finanziert werden. Die Stiftung Warentest „Finanztest“ empfiehlt nun den Abschluss eines KfW-Darlehens (Quelle: „Finanztest“ 3/2019; Seite 66) ohne Tilgung. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 10 Jahren, finanziert dem Verbraucher aber 100.000 Euro zu lediglich 1,15% p.a. Darlehenszinskosten.
Das bedeutet: Der Hausbesitzer bezahlt nur diese Darlehenszinsen in Höhe von 91 Euro monatlich. Dazu bekommt er auch noch eine Förderung von 5.000 Euro, sodass er nur 95.000 zurückführen muss. Den Rest finanziert er zum Beispiel mit einem Bankdarlehen in Höhe von 500.000 Euro mit 20 Jahren Laufzeit und einem Darlehenszinssatz in Höhe von 1,6% p.a.
Um kein Zinsrisiko mit der Anschlussfinanzierung der KfW-Schulden in Höhe von 95.000 Euro in 10 Jahren zu haben, empfiehlt „Finanztest“ den Abschluss eines Bausparvertrages, der über 10 Jahre mit 361 Euro pro Monat bespart werden kann. Nach 10 Jahren hat der Verbraucher 42.576 Euro in diesem Bausparvertrag angespart.
Laut „Finanztest“-Beispiel erhält der Immobilienbesitzer ein Bauspardarlehen in Höhe von 52.424 Euro zugeteilt, das heute schon einen Darlehenszins in Höhe von EUR 2,35% p.a. garantiert und mit 320 Euro im Monat zurückgeführt wird.
Das bedeutet laut Artikel: 5.000 Euro KFW-Förderung, KfW-Darlehenszinssatz in Höhe von nur 1,15% p.a., heute schon garantierter Darlehenszinssatz in 10 Jahren.
Soweit, so gut – scheint es. Doch der professionelle Finanzplaner hat Fragen. Und zwar:
* Warum wird verschwiegen, dass der empfohlene Bausparvertrag Provisionen von (mindestens) 950 Euro kostet, laufende Kontoführungskosten von 15 Euro pro Jahr entstehen und nur 0,1% p.a. Guthabenzinssatz erwirtschaftet?
* Und: Warum wird in dem Beispiel empfohlen, 950 Euro Abschlussgebühren zu bezahlen, um dafür 10 Jahre lang einen Guthabenzinssatz von 0,01% p.a. zu erhalten, gleichzeitig aber 1,15% p.a. Darlehenszinssatz zu bezahlen und keine Garantie zu bekommen, den Bausparvertrag in 10 Jahren wirklich zugeteilt zu bekommen?
* Vor allem aber sollte man sich in Erinnerung rufen, wie Bausparkassen in jüngster Vergangenheit langjährige Kunden aus gut verzinslichen, alten Bausparverträgen „herausberaten“ haben.
Doch zurück zur Beispielrechnung: Der Bausparvertrag kostet über seine Laufzeit 12.300 Euro an Darlehenszinsen und Gebühren, im Gegenzug gibt es 205 Euro Guthabenzinsen. Das KfW-Darlehen kostet über die 10 Jahre Laufzeit 10.925 Euro Darlehenszinsen. Für das Bankdarlehen fallen 84.590 Euro Darlehenszinsen an. Insgesamt entstehen somit Darlehenskosten in Höhe von 107.638 Euro.
Was würde nun vermutlich ein professioneller Finanzplaner empfehlen?
Ich hätte meinen Mandanten empfohlen, auf das KfW-Darlehen und den Bausparvertrag zu verzichten. Sie finanzieren die notwendigen 600.000 Euro über ein Bankdarlehen mit 20 Jahren Laufzeit. Dieses Darlehen ist etwas teurer, die Darlehenszinsen betragen 1,65% p.a., da Banken das KfW-Darlehen wie Eigenkapital bewerten. Mehr Eigenkapital senkt den Darlehenszins. Die Rate beträgt hier 2.937 Euro pro Monat – im Vergleich zu den 2.888 Euro (bzw. nach 10 Jahren 2.847 Euro) aus dem oben genannten Beispiel. Nach 20 Jahren sind Sie schuldenfrei.
Das bedeutet: Diese Finanzierung kostet Sie nur 104.843 Euro und ist damit 2.795 Euro günstiger. Aber das ist nicht alles: Das KfW-Darlehen können Sie in den ersten 10 Jahren Laufzeit nicht sondertilgen – in meinem Finanzierungsvorschlag stecken jederzeit 5% Sondertilgungsrecht. Können Sie diese Sondertilgungen regelmäßig oder hin und wieder auch nur teilweise nutzen, fallen die Kosten in meinem Modell aufgrund des sog. Zinseszinseffektes nochmals deutlich günstiger aus.
In der Beratungspraxis ergeben sich aber noch weitere Hürden:
* So gibt es kaum Banken, die das KfW-Darlehen in der tilgungsfreien Variante vermitteln. Die Banken vermitteln lieber das KfW-Darlehen in der Variante mit Tilgung. Das erhöht die Kosten bei Ihnen nochmals deutlich, denn anstatt das Bankdarlehen für 1,6% p.a. Darlehenszinssatz möglichst schnell zu tilgen, tilgen Sie jetzt das relativ günstige KfW-Darlehen mit 1,15% p.a. Beim teureren Bankdarlehen wird langsamer getilgt. Für die finanzierende Bank ist das gut. Für Sie ist das schlecht. Insofern ist das zweite von „Finanztest“ empfohlene Beispiel mit KfW-Darlehenstilgung für Sie noch nachteiliger, als die hier beschriebene Variante mit Aussetzung der Tilgung des zinsgünstigeren KfW-Darlehens.
* Und welches junge Ehepaar mit Kindern und Wunsch nach einem eigenen Haus im Grünen kann locker vom Hocker knapp 3.000 Euro pro Monat Rate bezahlen oder verfügt über so viel Eigenkapital, dass es wirklich nur das KfW-Darlehen aufnehmen muss? Auch dann macht der Bausparvertrag keinen Sinn gegenüber einer schnellen Tilgung. Häufig raten hier schon die Architekten vom Bau eines solchen Effizienzhauses ab, da es in Deutschland aufgrund der hohen baurechtlichen Auflagen nicht wirklich wirtschaftlich erstellt werden kann. Wenn Geld eine Rolle spielt, ist ein weniger energieeffizientes Haus deutlich billiger in Bau, Finanzierung und Unterhalt.
Mein dringender Rat: Lassen Sie sich im Einkauf von Finanzierungen gegen Honorar von einem erfahrenen CFP®-Professional beraten, der Ihnen auch noch viele weitere teure Fallstricke der Finanzierung vermeiden hilft.