Ob im Ordner, in einer Mappe oder in einem Karton – im Notfall sollten alle wichtigen persönlichen Dokumente griffbereit vorhanden sein. Denn manchmal muss es sehr schnell gehen. Bei einem Unfall etwa, bei einem Brand, einer plötzlich auftretenden schweren Krankheit oder schlimmstenfalls im Todesfall: Ein Notfallordner bringt Klarheit und Sicherheit, welche Vollmachten, Verfügungen, Verträge und wichtige Informationen vorhanden sind, damit Angehörige in einer Notsituation für den Betroffenen Dinge regeln und abwickeln können.
Solch ein Notfallordner ist der ideale Aufbewahrungsort für alle wichtigen Dokumente, die Betroffene, ihre Angehörigen und weitere Vertrauenspersonen in Notsituationen benötigen. Ob die Vorsorgevollmacht, die Zuständigkeiten und Wünsche klärt, Informationen zum Gesundheitszustand, wichtige Daten von Versicherungen und Banken oder die Patientenverfügung – diese Dokumente, gebündelt und griffbereit in einem einzigen Ordner, erlauben schnelles Agieren von Angehörigen und Bevollmächtigten.
Kostspielige Folgen drohen
Umfragen zeigen immer wieder, dass nur ein kleiner Teil der Bundesbürger eine solche Vorsorgemaßnahme getroffen hat. Das Problem: Wenn es keinen solchen Ordner gibt, bedeutet das für die Angehörigen bzw. Hinterbliebenen: Sie müssen mühsam und zeitaufwändig recherchieren, sich durch Papierstapel und Aktenordner wühlen und Dienstleister, Versicherungen und beispielsweise Social Media-Anbieter kontaktieren. Die Erfahrung zeigt, dass dabei viele Fragen offenbleiben. Und es kann zudem teuer werden, etwa wenn aus Unkenntnis über ihre Existenz bestimmte Verträge einfach weiterlaufen.
Was aber genau gehört nun in einen solchen Ordner? Neben den Kontaktdaten wichtiger Personen und Unternehmen (vom Partner und der Familie über Arbeitgeber bis hin zu Ärzten, Steuerberater und Rechtsanwälten sowie Finanzplanern) sollte ein großer Abschnitt die Bereiche Verfügungen und Vollmachten umfassen. Dazu zählen das Testament ebenso wie die Betreuungs- und Patientenverfügungen sowie die Vorsorgevollmacht.
Vollmacht verhindert gesetzliche Betreuung
Es ist ein großer Irrtum zu denken: „Ich bin ja verheiratet, und mein Partner kann für mich alles regeln“, warnen Experten. Seit dem 1.01.2023 gilt eine neue gesetzliche Regelung. Das Notvertretungsgesetz tritt in dem Moment in Kraft, in dem ein Ehepartner aufgrund einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr selbst Entscheidungen zur medizinischen Behandlung oder Unterbringung treffen kann und keine Vorsorgevollmacht vorliegt. Gründe, bei denen das Notvertretungsrecht für Ehegatten nicht angewendet werden kann, wenn die Ehegatten nachweislich getrennt leben oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der erkrankte Ehegatte eine Betreuung durch den Ehepartner ablehnt. Das Notvertretungsrecht betrifft die Gesundheitssorge und hier die Akutversorgung. Es ist zeitlich begrenzt auf 6 Monate seit Eintritt der Voraussetzungen. Eine Verlängerung ist ausgeschlos-sen. Das Notvertretungsrecht für Ehegatten ist ein hilfreicher Notnagel für einen bestimmten Problembereich (Gesundheitssorge/Akutversorgung), aber aufgrund seiner zahlreichen Beschränkungen (inhaltlich/zeitlich) kein Ersatz für eine umfassende Vorsorgevollmacht. Jeder, der 18 Jahre alt ist, sollte so eine Vollmacht ausstellen.
Nicht weniger wichtig sind eine Betreuungs- sowie eine Patientenverfügung, und zwar für den Fall, dass man beispielsweise nach einem Unfall, einem Schlaganfall oder bei einer Demenz-Erkrankung nicht mehr selbst entscheiden kann. Eine Patientenverfügung benötigen die Ärzte, die verpflichtet sind, sich an den schriftlich geäußerten Willen zu halten. Außerdem wird die Notwendigkeit eines Testaments immer wieder unterschätzt. Denn wenn keines verfasst ist, greift die gesetzliche Erbfolge. Auch deshalb besteht gerade bei Patchwork-Familien, Unverheirateten sowie minderjährigen Kindern ein erhöhter Regelungsbedarf. Und bei unternehmerischen Beteiligungen und Immobilienbesitz erleichtert ein Testament ebenfalls die Abwicklung des Vermögens des Erblassers enorm.
Überblick über alle finanziellen Fragen
Ein weiteres Kapitel im Notfallordner sollte den Bereichen Finanzen und Wertanlagen sowie Versicherungen gewidmet sein. Dazu gehört der Überblick über alle Konten, eine Liste aller Vermögenswerte, der ausstehenden Schulden und bestehender Versicherungen. Außerdem empfiehlt sich die Ausstellung einer Bankvollmacht über den Tod hinaus.
Immer mehr an Bedeutung gewonnen hat auch die Information zum digitalen Nachlass. Dazu zählen die Regelung der Zugangsdaten etwa für soziale Netzwerke, E-Mail-Dienste sowie digitale Wallets. Doch vertrauliche Informationen wie Passwörter gehören nicht in den Notfallordner. Dort findet sich im besten Fall nur ein Hinweis darauf, wo solche vertraulichen Daten hinterlegt sind – etwa in einem Schließfach, bei einem Anwalt oder in einem Safe.
Auch wenn das Anlegen und Befüllen des Notfallordners zunächst einmal aufwändig erscheint, die Angehörigen werden es danken. Und nicht zuletzt ist ein Notfallordner auch ein guter Anlass, Ordnung in die eigenen finanziellen Angelegenheiten zu bringen. Ob Versicherungen, Mitgliedschaften oder Abos – welche Verträge sind noch sinnvoll, welche werden wirklich überhaupt benötigt oder kann man sie auch kündigen?
Professionelle Unterstützung ist sinnvoll
Um Fehler oder Versäumnisse bei der Vorsorge zu verrmeiden, sollte man sich an Experten wie die vom FPSB Deutschland zertifizierten CFEP®– oder CFP®– Professionals wenden. Entscheidend ist, sich frühzeitig mit dem Thema Notfallordner zu beschäftigen. Später ist zu spät. Deshalb der dringende Tipp: Legen Sie den Notfallordner mit allen wichtigen Unterlagen und Vollmachten schon an, wenn es Ihnen gut geht und warten Sie nicht auf den Notfall.