Was du heute kannst besorgen, sagt der Volksmund, das verschiebe nicht auf morgen. Haben Sie nicht auch schon mal daran gedacht, dass es dringend notwendig wäre, für alle Fälle eine Vollmacht auszustellen? Doch die wenigsten tun es. Laut der Bundesnotarkammer steigt die Zahl der Vorsorgevollmachten zwar stetig an, allerdings waren es im ersten Quartal 2019 nur knapp 4,3 Millionen hierzulande. Also nur etwa sechs Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben eine notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht. Ein Grund ist sicher, dass man sich nicht mit Themen wie Unfall, Erkrankung oder dem eigenen Ableben beschäftigen möchte.
Viele werden aber auch der Ansicht sein, dass sie noch viel Zeit haben, sich darum zu kümmern. Dass sich das gut auf morgen verschieben lässt. Doch das ist eigentlich immer eine gefährliche Strategie. Denn benötigt jemand eine Vollmacht, dann ist es schon zu spät. Deshalb zunächst die gute Nachricht: Bis zum 18. Lebensjahr müssen Sie sich darüber keine Gedanken machen. Danach aber sehr wohl. Denn ein Unfall kann auch in jungen Jahren dazu führen, dass jemand von heute auf morgen nicht mehr in der Lage ist, selbstbestimmt zu handeln und eigene Entscheidungen zu treffen. Damit die eigenen Angelegenheiten von einer nahe stehenden Person geregelt werden können, braucht es aber eine Vorsorgevollmacht.
Ohne Vollmacht geht die Zuständigkeit an den Staat
Denn die Krux daran ist Folgende: Der Staat hat im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, dass nur dann dritte Personen – und das gilt auch für Kinder, Eltern oder Ehegatten – rechtsverbindliche Entscheidungen für volljährige Personen, die dies selbst nicht mehr tun können, durchführen dürfen, wenn eine gültige Vollmacht vorhanden ist. Existiert diese nicht, dann fällt die Zuständigkeit für diese Person dem Betreuungsgericht zu. Dieses wird dann ein medizinisches Gutachten einholen und kostenpflichtig einen Betreuer bestellen, der dann Einblick in die persönlichen Verhältnisse und die privaten Finanzen des Betroffenen bekommt. Wer das vermeiden möchte, sollte dringend eine Vorsorgevollmacht ausstellen.
Solche Vollmachten funktionieren recht einfach: Darin räumt man einer Person des Vertrauens das Recht ein, in dessen Namen stellvertretend zu handeln, wenn derjenige dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Das kann umfassend alle oder auch einzelne ausgewählte Angelegenheiten betreffen. Wichtig ist dabei, dass der Aussteller einer solchen Vollmacht der genannten Person oder den genannten Personen voll umfänglich vertraut. Schließlich ist das Dokument bis zum Widerruf gültig. Tritt der Ernstfall aber erst einmal ein, ist es für den Betroffenen in der Regel kaum noch möglich, die Vollmacht zu ändern. Bei der Immobilie gilt bekannterweise „Lage, Lage, Lage“, bei der Vorsorgevollmacht gilt, „Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen“. Des Weiteren sei erwähnt, um Immobilientransaktionen im Vorsorgefall abzuwickeln zu können, bedarf die Vollmacht der notariellen Schriftform. Darüber hinaus sollte man sich in der heutigen Zeit um die Verfügbarkeit von Benutzerkonten und entsprechenden Passwörtern – Stichwort digitaler Nachlass (eigenständiger Themenkreis) – seitens des Bevollmächtigen Gedanken machen.
Auch für jeden wichtig: Patienten- und die Betreuungsverfügung
Dazu gibt es aber noch zwei weitere Vollmachten, die jeder haben sollte und die auch zusammen mit der Vorsorgevollmacht ausgestellt werden können: die Patienten- und die Betreuungsverfügung. Erstere greift dann, wenn jemand nicht mehr in Lage ist, über eine ärztliche Behandlung oder einen medizinischen Eingriff zu entscheiden. Die meisten denken daran erst im Alter, wenn der Körper nicht mehr so fit ist. Doch tatsächlich macht eine Patientenverfügung für jeden Sinn. Schließlich kann ein Unfall jeden treffen – unabhängig vom Alter. Ähnliches gilt für die Betreuungsverfügung, in der man festlegt, wer denjenigen, wenn es notwendig werden sollte, in rechtlichen Dingen betreut. Wie bei der Vorsorgevollmacht lässt sich so vermeiden, dass die rechtliche Betreuung von einer dritten fremden Person, die von einem Gericht bestimmt wird, erfolgt.
Speziell für Eltern mit minderjährigen Kindern ist zudem eine Sorgerechtsverfügung sinnvoll. Stellen Sie sich vor, beide Elternteile sterben bei einem Unfall. In diesem Fall würde das Gericht zwar versuchen, die beste Lösung für den Nachwuchs zu finden. Doch mit einer Sorgerechtsverfügung können Eltern jene Personen benennen, die sie selbst für am besten geeignet halten – anders herum Personen ausschließen, in deren Obhut ihre Kinder nicht kommen sollen.
Für Firmeninhaber ist dann noch eine Unternehmervollmacht empfehlenswert. Denn fällt dieser aus, sei es auf Grund einer schweren Erkrankung, eines Unfalls oder gar des Ablebens, dann braucht es Klarheit darüber, wie es mit der Firma weitergeht.
In einer solchen Vollmacht regelt ein Firmeninhaber, wer die Aufgaben des Geschäftsführers wahrnimmt, wer Kontovollmacht bekommt oder Verträge im Namen der Firma abschließen darf. Liegt keine Vollmacht vor, dann droht im schlimmsten Fall das Aus für den Betrieb. Dazu sollte niemand vergessen, sein Testament aufzusetzen. Natürlich macht es keinen Spaß, sich mit all diesen Dingen auseinanderzusetzen. Aber sowohl im privaten wie auch im unternehmerischen Bereich lassen sich so unnötiger Ärger – vor allem bei den nächsten Angehörigen, die unter einem solchen Schicksalsschlag ohnehin schon leiden – und Streitereien vermeiden. Deshalb sollte niemand dieses Thema auf die lange Bank schieben.