Tatsächlich hat sich hierzulande der Begriff „Betongold“ für Investitionen in Immobilien etabliert. Er suggeriert, dass Anleger damit – ähnlich wie mit Gold – vor Wertverlusten geschützt sind. Wer den Immobilienmarkt in den vergangenen rund zehn Jahren betrachtet, kann leicht auf die Idee kommen, dass dies der Fall ist. Denn zwischen etwa 2011 und heute kannten die Immobilienpreise hierzulande nur einen Weg: nach oben. Mit anderen Worten: Mit Immobilieninvestments konnte man in den vergangenen rund zehn Jahren nichts falsch machen. Dass es aber doch nicht ganz so einfach ist und die Preise nicht dauerhaft nur steigen, dafür spricht derzeit so einiges.
Und hier sind zuallererst die Zinsen zu nennen. Die nämlich sind nach der Finanzkrise immer weiter zurückgegangen. So mussten Bauherren und Immobilieninvestoren für ein Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung im Jahr 2013 zwar noch bis zu 2,8 Prozent Zinsen zahlen. Doch 2019 lag der Zinssatz dann am Tiefpunkt sogar nur noch bei rund 0,75 Prozent. Bis zum Anfang dieses Jahres ist er dann leicht auf rund ein Prozent gestiegen. Doch wer sich den Zinssatz Mitte Mai angeschaut hat, dürfte seinen Augen nicht getraut haben: Plötzlich waren es fast 2,80 Prozent. Das macht Immobilien deutlich teurer und dürfte die Nachfrage belasten. Aber das ist nur ein Grund von vielen, warum Immobilieninvestments zuletzt deutlich riskanter geworden sind.
Stark unterschiedliche Entwicklung der verschiedenen Nutzungsarten
Zum Beispiel sollten sich Anleger die einzelnen Bereiche des Immobilienmarktes detaillierter ansehen. So war der Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) nicht nur während der Pandemie immer weiter angestiegen, sondern er kletterte auch im ersten Quartal 2022, trotz Zinswende, Inflation und Rezessionssorgen noch höher. Nach einem Plus von 8,8 Prozent im Vorjahresvergleich erreichte er einen neuerlichen Höchststand bei nunmehr 190,8 Punkten. Allerdings sind dies die Zahlen zum Gesamtmarkt. Nach Nutzungsarten sind die Preise für Wohnimmobilien zwar während der Pandemie deutlich gestiegen, die Preise von Gewerbeimmobilien entwickelten sich seit Anfang 2020 lediglich seitwärts. Es waren also vor allem Wohnimmobilien, bei denen die Preise zuletzt stiegen.
Doch auch diese Nutzungsart kennt nicht nur eine Richtung. Wer weiter zurück blickt, stellt fest, dass es immer wieder Phasen rückläufiger Preise auch bei Wohnimmobilien gab. Das gilt vor allem real, also nach Abzug der Inflation. Auch die Preise von Wohnimmobilien können also fallen. Und diese Gefahr erscheint aktuell laut dem Monatsbericht der Bundesbank vom Februar dieses Jahres besonders hoch. Denn dort stellen die Autoren fest, dass Immobilien in den Städten im vergangenen Jahr zwischen 15 und 40 Prozent teurer waren, als es durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt sei. Zum Vergleich: 2020 betrug die Überbewertung noch maximal 30 Prozent.
Inflation und Lieferengpässe macht Bauen teuer
Es ist also fraglich, ob aktuell für ein Immobilienengagement tatsächlich die richtige Zeit ist. Denn schließlich gibt es, neben der Zinsentwicklung und der möglichen Überbewertung, noch ein paar weitere Unwägbarkeiten. Eine ist der derzeit rasante Preisanstieg. Die Inflation, die derzeit auf rekordhohem Niveau liegt, treibt die Baukosten in die Höhe. Dazu kommen Lieferengpässe bei wichtigen Materialien sowie die immer strengeren energetischen Auflagen und schließlich das Risiko politischer Eingriffe am Immobilienmarkt, wie wir es mit dem Mietenstopp bereits gesehen haben. Darüber hinaus schließen viele Volkswirte inzwischen auch eine Rezession nicht mehr aus.
Dieser Mix aus Risiken und Unwägbarkeiten könnte in nächster Zeit dafür sorgen, dass selbst am so stabilen deutschen Wohnungsmarkt die Preise zumindest nicht mehr so steigen wie in den vergangenen Jahren, vielleicht sogar fallen. Wer also heute in eine Immobilie investiert, muss sehr viel genauer hinschauen als in den vergangenen Jahren. Wenn man ein Immobilieninvestment aktuell überhaupt in Erwägung zieht, dann noch am ehesten für den Eigenbedarf. In jedem Fall gilt es aber einen höheren finanziellen Puffer einplanen. Angesichts der massiven Unsicherheiten, die wir derzeit sehen, kann es sich lohnen, sich professionelle Unterstützung zu holen.
So können beispielsweise die vom FPSB Deutschland zertifizierten CERTIFIED FINANCIAL PLANER® (CFP®-Professionals) analysieren, ob eine Immobilie grundsätzlich in der langfristigen Finanzplanung eines Kunden Sinn macht, und dahingehend beraten, ob eine Immobilie eher als Direktanlage oder als indirekte Beteiligung über ein Finanzprodukt besser zum Anleger passt. Zudem können diese Experten ihren Kunden einen Überblick darüber verschaffen, welche Regionen und Marktsegmente sich am besten eignen und wo Vorsicht geboten ist. Gerade der Erwerb oder der Bau einer Immobilie ist schließlich eine Lebensentscheidung, die wesentlichen Einfluss auf die Finanzen eines Anlegers hat. Deshalb zahlt es sich aus, das besonders genau durchzukalkulieren und alle potenziellen Risiken mit einzubeziehen.