Immer mehr Menschen achten hierzulande auf Nachhaltigkeit. Im täglichen Leben, beim Konsum, bei ihrer Mobilität. Da ist es nur folgerichtig, dass das auch für die Geldanlage gilt.
Laut einer aktuellen Umfrage von ebase zum Beispiel wollen fast 60 Prozent der Befragten bei künftigen Investments Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen und nahezu 80 Prozent wollen ihre Anlageentscheidungen auf Basis von Nachhaltigkeitskriterien treffen. Doch gibt es auch eine Kehrseite: So kommt eine repräsentative Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge zu dem Ergebnis, dass nur 14 Prozent der Befragten tatsächlich wissen, was unter nachhaltiger Kapitalanlage zu verstehen ist.
Das dürfte daran liegen, dass es bislang keine einheitliche Definition von nachhaltiger Geldanlage gibt und Nachhaltigkeit für jeden etwas anderes bedeutet. Ein Beispiel: Seit vergangenem Jahr gibt es eine nachhaltige Variante des deutschen Leitindex Dax, den Dax 50 ESG. Er enthält jene 50 Titel aus dem Dax, dem MDax und dem TecDax, die bei den ESG-Kriterien, also nach ökologischer und sozialer Hinsicht und bezüglich der Unternehmensführung, am besten abschneiden. Doch müssen Anleger genau hinsehen. Denn in dem ESG-Index ist auch der Pharma- und Chemiekonzern Bayer enthalten, der wegen der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto immer wieder in die Kritik von Umweltschützern gerät. Nicht für jeden Anleger dürfte Bayer deshalb als nachhaltig gelten.
Nachhaltigkeit im Investmentbereich für Anleger nicht immer nachvollziehbar
Dazu kommt: Wer die aktuell dort enthaltenen Einzelwerte erfahren möchte, um sich selbst ein Bild von dem Index zu machen, findet dazu keine Angaben im Internet. Aber auch an anderer Stelle zeigen sich Probleme beim nachhaltigen Investieren. So bewerten Rating-Agenturen die Nachhaltigkeit von Unternehmen auf Basis der ESG-Kriterien. Ein ESG-Rating greift die Bewertung von nachhaltigen Anlagen (bzw. auch Unternehmen) auf. Das ESG-Rating gibt Auskunft darüber, wie nachhaltig ein Emittent (z.B. Unternehmen) oder Finanzprodukt (z.B. Anleihe) ist, bzw. inwiefern die ESG-Kriterien innerhalb eines Unternehmens umgesetzt werden. Die ESG-Kriterien untersuchen also, wie verantwortungsvoll eine Firma mit natürlichen Ressourcen umgeht, wie hoch der CO2-Ausstoß ist, wie es um die Sicherheit der Mitarbeiter oder die Gleichberechtigung bestellt ist oder ob es wirksame Mechanismen gegen Korruption gibt.
ESG-Ratings haben ihre Schwächen, die Verordnung will Transparenz schaffen. Wenn man sich das Beispiel Tesla anschaut, einige ESG-Rating-Agenturen bewerten das Unternehmen aufgrund schwacher Unternehmensführung, schlechter Arbeitsbedingungen oder unkonventioneller Transaktionen mit verbundenen Parteien als schlecht. Andere Anbieter wiederum bewerten das Unternehmen als einzigen reinen Elektroautohersteller mit geringen Umweltauswirkungen sehr positiv, während die Wettbewerber immer noch stark auf Verbrennungsmotoren setzen. Anleger müssen sich deshalb selbst genau überlegen, was Nachhaltigkeit für sie bedeutet. Und dann sehr viel Mühe und Aufwand investieren, um herauszufinden, welche Anlageprodukte zu ihnen passen. Die gute Nachricht: Um etwas Licht in den Nachhaltigkeitsdschungel zu bringen, gilt seit 10. März dieses Jahres die so genannte Offenlegungspflicht. Ziel der Offenlegungsverordnung ist es, dem Anleger Transparenz über die Nachhaltigkeit eines Investments zu verschaffen.
Stärkung nachhaltiger Anlagen durch neue Verordnungen
Demnach müssen Anbieter von Finanzanlagen ihre Produkte klassifizieren. Diese werden nach
- Artikel 6 in traditionelle Fonds ohne nachhaltige Ausrichtung (Non-ESG),
- nach Artikel 8 in Produkte mit ökologischen und sozialen Merkmalen (light green) oder
- nach Artikel 9 in solche mit einer angestrebten Nachhaltigkeitswirkung (dark green)
einsortiert. Damit muss jeder Anbieter bereits aktuell detaillierte Informationen zur Nachhaltigkeit in seinen Verkaufsprospekt aufnehmen und dieses entsprechend klassifizieren. Auch wenn die konkreten technischen Regulierungsdetails noch ausstehen, so werden die Produktemittenten doch darum bemüht sein, kein Risiko einzugehen. Denn der Imageschaden bei einer falschen Klassifizierung wäre zu groß.
Der Unterschied zwischen Artikel 8 und Artikel 9 Produkten ergibt sich aus der Gestaltung und Vermarktung des Produktes. Artikel 9 Produkte besitzen ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel (bspw. Reduktion von CO2 Emissionen oder Schaffung von bezahlbarem Wohnraum), Artikel 8 Produkte berücksichtigen dabei lediglich ökologische oder soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung. Für beide Finanzprodukte gelten zusätzliche Offenlegungspflichten in vorvertraglichen Dokumenten, im regelmäßigen Reporting sowie auf der Website, wobei sich die Anforderungen zwischen beiden Produktarten unterscheiden. Falls das Produkt einen ökologischen Nachhaltigkeitsaspekt verfolgt, ist ab 2023 ergänzend ein Taxonomie-Reporting vorzunehmen.
Wer also künftig ein Produkt mit einer nachhaltigen Wirkung haben möchte, kann zu Fonds oder Vermögensverwaltungen greifen, die nach Artikel 8 und 9 klassifiziert sind . Finanzprodukten nach Artikel 8 stellen Produkte mit nachhaltigen Merkmalen dar und Produkte nach Artikel 9 sind Produkte mit nachhaltiger Finanzierungswirkung, worunter insbesondere der Bereich vom Impact Investment fällt. Mit Artikel 8 klassifizierte Produkte sind somit als nachhaltig einzuschätzen.
Auf diese Weise will die Europäische Union (EU) für Transparenz sorgen und das Vertrauen in nachhaltige Geldanlagen stärken. Zudem sind auf EU-Ebene weitere Regularien geplant. Dazu zählt, dass Anleger künftig bei der Anlageberatung nach ihrer Nachhaltigkeitspräferenz befragt werden müssen, und die EU-Taxonomie, mit der ein Standard geschaffen werden soll, um die Nachhaltigkeit von Firmen zu beurteilen.
Umlenken privater Kapitalströme in nachhaltige Anlagen
Der Grund für die Maßnahmen: Die EU ist bestrebt, Kapitalströme in grüne und nachhaltige Projekte umzuleiten. Auf diese Weise sollen private Investitionen helfen, die Klimaziele des Pariser Gipfels von 2015, die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, zu erreichen und Europa bis 2050 zum klimaneutralen Kontinent zu machen. Deshalb sind regulatorische Maßnahmen wie die Offenlegungspflicht in zweierlei Hinsicht hilfreich: zum einen dürften sie das Vertrauen in nachhaltige Anlagen stärken.
Zum anderen macht die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei der Geldanlage aus Anlegersicht Sinn. Denn inzwischen legen zahlreiche Analysen nahe, dass dies keinen Renditeverlust mit sich bringt. Darüber hinaus kann man dadurch in Innovation investieren und zusätzlichen Risikoschutz für das eigene Portfolio aufbauen. Das hat jüngst auch das Forum Nachhaltige Geldanlage festgestellt. Dort heißt es: Es lässt sich aus der Empirie eindeutig ableiten, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren keinerlei ökonomische Nachteile mit sich führt, sondern eher im Gegenteil, tendenziell finanziell von Vorteil ist. Mit anderen Worten: Nachhaltige Geldanlage zahlt sich aus. Und diese wird aufgrund der neuen Regularien für Anleger künftig zumindest etwas transparenter.