Die Aktie als Anlageform hat bei den Menschen hierzulande im vergangenen Jahr stark an Beliebtheit gewonnen. So befragt das Statistikportal Statista regelmäßig Menschen, wie sie 100.000 Euro anlegen würden. Zuletzt gab die Hälfte und damit so viele wie noch nie an, in Aktien und Fonds investieren zu wollen. Das zeigt sich auch in konkreten Zahlen: Laut dem Deutschen Aktieninstitut lag die Zahl der Anleger, die entweder direkt Aktien halten oder indirekt über Fonds und andere Finanzprodukte in Aktien investiert sind, Ende 2020 um 2,7 Millionen über der des Vorjahres. Damit ist jeder sechste Bundesbürger über 14 Jahre in Aktien investiert.
Interessant ist auch, dass bei der genannten Statista-Umfrage nur 45 Prozent der Befragten in Grundeigentum investieren wollen. Das ist deshalb überraschend, weil Immobilien, auch Betongold genannt, sich bislang hierzulande großer Beliebtheit erfreuen. So befinden sich laut Statistischem Bundesamt rund 60 Prozent aller vermieteten Wohnungen hierzulande im Eigentum von Privatpersonen. Rund 24 Millionen Wohnungen dienen folglich der Geldanlage. Während einerseits also zunehmend mehr Anleger die Aktie als Option für die langfristige Geldanlage sehen, scheint andererseits das Interesse an der Immobilien nachzulassen. Doch stellt sich dabei auch die Frage, welche der beiden Optionen eigentlich die bessere Alternative für den langfristigen Vermögensaufbau ist.
Rendite: Immobilien langfristig vorn, Aktien zuletzt aber deutlich stärker
Einer der wichtigsten Parameter dabei ist ohne Frage die langfristige Rendite. Hier lohnt ein Blick auf eine Studie der Universität Bonn von 2017. Demnach brachten Immobilien hierzulande in den vergangenen 150 Jahren eine Wertsteigerung von 7,9 Prozent im Schnitt pro Jahr und damit einen Prozentpunkt pro Jahr mehr als Aktien. Allerdings verweist die Studie auch darauf, dass die Aktienrenditen seit den 1950er Jahren über dem Zuwachs von Immobilien liegen. Seit etwa 1980 bringen Aktien durchschnittlich sogar fast sechs Prozentpunkte mehr pro Jahr als Betongold. Allerdings weisen Aktien einen – für manche Anleger – auch bedeutenden Nachteil auf: sie können sehr stark im Kurs schwanken.
Und diese hohe Volatilität kann zu erheblichen kurzfristigen Verlusten führen. Wer damit nicht umgehen kann, für den sind Aktien nicht geeignet. Solchen Wertschwankungen sind zwar auch Immobilien unterworfen, da sie aber nicht an der Börse notiert sind, sind diese auch nicht in einem täglichen Börsenkurs ablesbar. Das ist zumindest ein psychologischer Vorteil. Dafür hat die Immobilienanlage einige andere Nachteile: Sie sind nicht liquide, das heißt, sie können nicht von heute auf morgen verkauft werden. Als Direktanlage haben sie ein erhebliches, oftmals auch zu hohes Gewicht innerhalb der Portfolioallokation, womit unter Umständen keine ausreichende Risikodiversifikation mehr gewährleistet ist.
Immobilien: laufende Kosten und politische Risiken berücksichtigen
Zudem kalkulieren Immobilieninvestoren meist die nicht umlagefähigen Kosten sowie Rückstellungen mit ein – beides kann bei einer Vermietung die Nettorendite schmälern. Dazu kommt unter Umständen Ärger mit Mietern, Eingriffe von politischer Seite am Immobilienmarkt oder die immer strengeren energetischen Auflagen. Im Gegensatz dazu bieten Aktien, sei es über Einzeltitel oder Fonds und ETFs einige Vorzüge. Denn sie sind liquide, können also rasch verkauft werden, und bieten die Möglichkeit, Risiken breit zu streuen und somit Klumpenrisiken zu vermeiden. Ferner sind Aktienanlagen schon mit geringen Beträgen möglich und sie sind pflegeleichter als eine Wohnung oder ein Haus.
Vorteile, die eher für eine Aktienanlage sprechen. Dennoch ist die Frage, was besser geeignet ist, aus Anlegersicht kaum allgemein zu beantworten. Tatsächlich sollten Faktoren wie die persönliche Risikoneigung, die Höhe des Vermögens, die bestehende Portfolioaufteilung oder das Anlageziel wichtige Entscheidungsparameter dabei sein. Wer beispielsweise bereits über Betongold verfügt, auch wenn der Anleger das Haus oder die Wohnung selbst nutzt, dann sollte die Anschaffung einer weiteren Immobilie doch gut überlegt sein. In diesem Fall können Aktien eine bessere Alternative darstellen, da sie im Gegensatz zu einer Immobilie eine sehr viel höhere Liquidität aufweisen und zudem für eine breitere Risikostreuung sorgen.
Langfristige Finanzplanung als Ausgangspunkt jeder Anlageentscheidung
Wer dagegen – vielleicht aus einer Erbschaft – eine größere Summe zur Verfügung hat und bereits ein gut strukturiertes Aktienportfolio besitzt, für den könnte eine Immobilie wiederum Vorteile bringen. Und wer eher vorsichtig ist und mit hohen Kursschwankungen schlecht umgehen kann, sollte wohl ebenfalls Betongold bevorzugen. In jedem Fall ist unter Maßgabe der individuellen Voraussetzungen die Erstellung einer langfristigen Finanzplanung sinnvoll. Und davon ausgehend kann dann ein Aktieninvestment, ein Immobilienkauf oder auch beides sinnvoller sein. Ein ganz grundsätzliches „entweder oder“ gibt es hier nicht.